
2020 und darüber hinaus
Legal Watch – Dezember 2019.
Es ist ein neues Jahr, aber auch ein neues Jahrzehnt mit seinen Herausforderungen, Einschränkungen und Versprechen.
Um diese Probleme besser anzugehen, werfen wir einen kurzen Blick zurück auf das Jahr 2019.
Mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten der DSGVO ist bereits eine erste Bilanz der Umsetzung der Verordnung möglich.
Die europäischen Aufsichtsbehörden haben ihre neuen Befugnisse wahrgenommen und erste Sanktionen verhängt.
Sie haben außerdem eine Zusammenarbeit zur Bearbeitung grenzüberschreitender Beschwerden eingerichtet.
Folgende Beobachtungen können gemacht werden:
- Die Behörden haben GAFAM ebenso im Visier wie kleinere Strukturen.
Dies belegen beispielsweise die Bußgelder der CNIL gegen Google in Höhe von 50 Millionen Euro und der Berliner Behörde gegen das Immobilienunternehmen Deutsche Wohnen in Höhe von 14,5 Millionen Euro.
Gleichzeitig werden Krankenhäuser, Schulen, Telekommunikationsunternehmen sowie Vereine und öffentliche Einrichtungen mit kleineren Geldstrafen belegt, oft wegen Verstößen gegen Sicherheitsverpflichtungen, unverhältnismäßigem Einsatz von Gesichtserkennung, aber auch wegen illegaler Verwendung von Cookies, wie kürzlich in Belgien.
- Schwierigkeiten entstehen jedoch, wenn eine Behörde mit einer erheblichen geografischen Unternehmenskonzentration konfrontiert ist.
Die Verfahrensverzögerungen in Irland bei Beschwerden gegen Facebook und WhatsApp sorgen daher allmählich für diplomatische Turbulenzen in der Gemeinschaft der Aufsichtsbehörden.
Trotz dieser Schwierigkeiten beobachten wir eine zunehmende Einhaltung der Vorschriften und eine schrittweise Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen.
Zu dieser Klarstellung haben die jüngsten Urteile des Europäischen Gerichtshofs zur Online-Datenerhebung, zum Konzept der Mitverantwortung und zum Recht auf Vergessenwerden beigetragen.
- Über den europäischen Kontext hinaus werden Datenschutz und Privatsphäre zu einem globalen Thema.
In den USA liegt die Federal Trade Commission mit einer Rekordstrafe (Settlement Order) von fünf Milliarden Dollar gegen Facebook nicht weit dahinter.
Der California Consumer Privacy Act, der Anfang 2020 in Kraft trat, wird auch zum Rechtsrahmen für in Kalifornien tätige Unternehmen.
Während China eine Dystopie entwickelt, die eine umfassende Überwachung seiner Bevölkerung einführt, werden in Asien und Afrika, insbesondere in Indien, Togo und Kenia, Datenschutzgesetze verabschiedet.
Im Jahr 2019 sind große Sorgen aufgetaucht, die sich in den kommenden Jahren noch weiter entwickeln werden.
- Die Online-Datenerfassung durch Cookies ist eines der Hauptthemen der Debatte.
Auch wenn das Projekt der europäischen „ePrivacy“-Richtlinie, von der viel (zu viel?) erwartet wurde, ins Stocken geraten ist und auf einen neuen Vorschlag der Europäischen Kommission wartet, sollten die Regeln für die Verwendung von Cookies und den Betrieb von Ad-Techs im Allgemeinen geklärt werden.
Mit dem Ziel, dem Internetnutzer eine freiere und spezifischere Einwilligung zur Verarbeitung seiner Daten zu geben.
- Künstliche Intelligenz ist schließlich ein großes Thema der nächsten Jahre.
Im Zusammenhang mit Gesichtserkennung und Biometrie im Allgemeinen stellt sie sowohl eine Chance als auch eine Herausforderung für unsere demokratischen Gesellschaften dar.
Nicht ohne Grund nimmt es einen prominenten Platz im Programm der neuen Europäischen Kommission ein und die CNIL hat eine öffentliche Debatte zu diesem Thema eröffnet.
Die Europäische Agentur für Grundrechte hat europäische Initiativen zu diesem Thema aufgelistet.
Künstliche Intelligenz ist auch das Thema der nächsten internationalen Konferenz (CPDP), die vom 22. bis 24. Januar in Brüssel stattfindet.
Diese Überlegungen führen uns zu Fragen, die über den rechtlichen Rahmen hinausgehen und die ethischen Aspekte der Nutzung neuer Technologien ansprechen.
Über das Gesetz hinaus steht die Menschenwürde auf dem Spiel, da unsere Demokratien mit Informationen bombardiert werden, die immer schwieriger zu überprüfen sind.
Die Skandale um die Manipulation von Wählerdaten in den USA und Großbritannien werfen Fragen über unsere zukünftigen gesellschaftlichen Entscheidungen in einem fragilen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kontext auf.
Für die kommenden Jahrzehnte nach 2020 scheint eine globale Vision zunehmend notwendig.
Dabei handelt es sich um eine Übung des Europäischen Datenschutzbeauftragten Giovanni Buttarelli, der 2019 vorzeitig verstarb.
Seine Überlegungen wurden kürzlich in Form eines Manifests mit dem Titel „2030: Eine neue Vision für Europa“ veröffentlicht, das mit einem Zehn-Punkte-Aktionsplan für nachhaltigen Datenschutz endet.
Die Verbindungen, die er zwischen Datenschutz, Demokratie und Menschenwürde im Kontext tiefgreifender ökologischer und sozialer Veränderungen knüpft, sind eine wahre Quelle der Inspiration.
Genug, um unser kritisches Denken und unsere Vorstellungskraft zu Beginn dieses hoffentlich möglichst schönen Jahres zu schärfen.
Anne Christine Lacoste
Auszug aus Bruno DUMAYs Buch: GDPR DECRYPTION – Für Manager, strategische Abteilungen und Mitarbeiter von Unternehmen und Organisationen – Vorwort von Gaëlle MONTEILLER